1 + 13 =

GmbH gründen: Wie weit reicht die Haftungsbeschränkung?

j

von Rechtsanwalt Philip Gafron

„Ich möchte eine GmbH gründen, damit ich nicht mehr in der persönlichen Haftung bin.“ – So in etwa lautet das Ansinnen vieler Unternehmer, die die Gründung einer Kapitalgesellschaft planen. Die Voraussetzungen und der Umfang der Haftungsbeschränkung sind dabei allerdings oft nicht im Detail bekannt. Besonders vielschichtige Pflichten bestehen für die Geschäftsführer einer GmbH. Jeder Geschäftsführer sollte sich daher mit den diversen Anforderungen vertraut machen, um folgenschwere Nachlässigkeiten zu vermeiden.

Dieser Artikel gibt einen Gesamtüberblick über die wesentlichen Fallstricke für Gesellschafter und Geschäftsführer.

[Hinweis: Zugunsten besserer Lesbarkeit wurde auf das Gendern der Worte Gesellschafter, Geschäftsführer, Insolvenzverwalter, etc. verzichtet. Es sind trotzdem jeweils alle Geschlechter gemeint.]

Grundsatz: Verlagerung der Haftung auf die Kapitalgesellschaft

Das Prinzip der juristischen Person ist aus Sicht eines Unternehmers geradezu genial: Die Rechtsordnung erlaubt die Erschaffung einer fiktiven Person, die zwar von den Anteilseignern gesteuert wird, die jedoch als Inhaberin des Unternehmens allein für dessen Verbindlichkeiten verantwortlich ist.

Das Geschäft läuft gut? Wunderbar, die Anteilseigner können sich die Gewinne ausschütten. Das Geschäft geht den Bach runter? Kein Problem – im schlimmsten Fall geht die Gesellschaft in die Insolvenz, und der Insolvenzverwalter kümmert sich um die Gläubiger, während das sonstige Vermögen der Gesellschafter unangetastet bleibt. So jedenfalls der Grundsatz.

Dass dies nicht ausnahmslos gelten kann, liegt auf der Hand. Gelehrte und Gesetzgeber versuchen seit jeher, die Grenze zwischen legitimer, die Wirtschaft belebender Risikoreduktion und dem Missbrauch von haftungsbeschränkenden Gestaltungen zu definieren. Die Messschieber sind hierbei über die letzten Jahrzehnte immer wieder hin und her bewegt worden.

Bevor ich auf die einzelnen Haftungsrisiken nach aktueller Rechtslage eingehe, soll ein verbreitetes Missverständnis ausgeräumt werden, das man selbst von einigen Juristen hören kann: Anders als es der Name der Rechtsform (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) suggeriert, ist die GmbH selbst nicht in der Haftung beschränkt. Aussagen wie „Die GmbH haftet nur mit ihrem Stammkapital“ sind daher unzutreffend.

Die GmbH haftet stattdessen stets unbeschränkt mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen, das bei einem laufenden Unternehmen regelmäßig deutlich über dem Stammkapital liegt. Nur der Rückgriff auf die Gesellschafter ist im Grundsatz ausgeschlossen.

Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.

- § 13 Abs. 2 GmbHG

Haftung der Gesellschafter

Zunächst einmal eine gute Nachricht: Für die persönliche Haftung eines GmbH-Gesellschafters gibt es – im Vergleich zur Haftung der Geschäftsführer – relativ klar bestimmbare Fallgruppen.

Grundsätzlich lässt sich dabei zwischen Außenhaftung und Innenhaftung unterscheiden.

Außenhaftung bedeutet, dass eine Person, die der GmbH als Dritter gegenübersteht, einen direkten Anspruch gegen die Personen „hinter“ der GmbH (Geschäftsführer, Gesellschafter) hat. Ein außenstehender Gläubiger könnte sich also direkt an einen Gesellschafter wenden und Zahlung verlangen. Innenhaftung bedeutet, dass die Haftung nur gegenüber der Gesellschaft besteht. Die Innenhaftung mag weniger riskant erscheinen, da diese Ansprüche zunächst von der Geschäftsführung gegen den Gesellschafter geltend gemacht werden müssten. Innenhaftungsansprüche können allerdings auch von Gläubigern der Gesellschaft gepfändet werden, sodass die Geltendmachung dann nicht mehr in der Hand der Geschäftsführung liegt. Im Übrigen werden diese Ansprüche spätestens von einem Insolvenzverwalter eingefordert.

Dies sind die wichtigsten Fallgruppen der Außen- und Innenhaftung von GmbH-Gesellschaftern:

1) Eingehen einer persönlichen Verpflichtung

Die unmittelbare Außenhaftung eines Gesellschafters ist immer dann gegeben, wenn dieser selbst eine eigene Verpflichtung eingeht. Praktisch sehr relevant ist zum Beispiel das Stellen einer Bürgschaft für die Gesellschaft. Diese Fälle sind jedoch nicht als Ausnahme von der Haftungsbeschränkungsnorm in § 13 Abs. 2 GmbHG zu sehen. Der Gesellschafter muss dabei schließlich (formell betrachtet) nicht für Verpflichtungen der Gesellschaft einstehen, sondern für eigene Verpflichtungen, die gesondert begründet wurden.

2) Verlustdeckungshaftung nach Gründung

Wer schon einmal eine Kapitalgesellschaft gegründet hat, mag sich an die mahnenden Worte des Notars erinnern, mit der Geschäftsaufnahme die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister abzuwarten. Grund ist die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus der Zeit vor der Eintragung, also der rechtlichen Entstehung der GmbH (dies gilt jedenfalls für diejenigen Gesellschafter, die der vorzeitigen Geschäftsaufnahme zugestimmt haben).

Die Haftungshöhe entspricht der Differenz zwischen dem Gesellschaftsvermögen im Eintragungszeitpunkt und dem satzungsmäßigen Stammkapital. Da das Gesellschaftsvermögen auch negativ sein kann, ist die Haftung der Höhe nach unbeschränkt. Spätere Gewinne oder sonstige Mittelzuflüsse bei der GmbH lassen diese Haftung nicht entfallen, selbst wenn dadurch entsprechendes Eigenkapital angesammelt wird! Es ist die (ggf. erneute) Einlageleistung nötig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei dieser Fallgruppe nur dann Außenhaftung, wenn es sich um eine „Ein-Personen-GmbH“ handelt. Bei einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern liegt hingegen ein Fall der Innenhaftung vor.

Versteckte Falle: Diese Haftung kann auch bei einer bereits bestehenden GmbH entstehen, wenn diese nach einer Aufgabe des Geschäftsbetriebs wiederbelebt wird (sog. wirtschaftliche Neugründung).

3) Vermögens- oder Sphärenvermischung

Die Vermögens- bzw. Sphärenvermischung ist ein weiterer wichtiger Fall der Außenhaftung der GmbH-Gesellschafter. Vermögensvermischung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft nicht nachvollziehbar vom Vermögen der Gesellschafter getrennt ist. Findet also der Insolvenzverwalter statt einer Buchhaltung nur den (tatsächlichen oder sprichwörtlichen) Wäschekorb mit ungeordneten Belegen vor, die sich nicht einem der Rechtsträger zuordnen lassen, müssen die Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich einstehen. Das gleiche gilt, wenn die Gesellschafter laufend „in die Kasse greifen“, ohne dass dies buchhalterisch ordnungsgemäß erfasst wird. Eine Sphärenvermischung liegt vor, wenn die Gesellschafter im Außenauftritt nicht hinreichend zwischen sich und der Gesellschaft differenzieren (dies ist also ein Fall von Rechtsscheinhaftung). In all diesen Fällen kann eine Außenhaftung der Gesellschafter entstehen. Insbesondere der Alleingesellschafter-Geschäftsführer sollte besonders darauf Acht geben, die Angelegenheiten seiner Gesellschaft von seinen sonstigen Belangen zu trennen. Zu beherzigen sind dabei die Regelungen in § 48 Abs. 3 GmbHG, nach der der Alleingesellschafter stets unverzüglich seine Beschlussfassungen als Gesellschafter schriftlich niederzulegen hat, sowie in § 35 Abs. 3 S. 2 GmbHG, nach der jedes Geschäft zwischen der Gesellschaft und dem Alleingesellschafter ebenfalls unverzüglich schriftlich zu fixieren ist.

4) Kapitalaufbringung

Das satzungsmäßige und im Handelsregister eingetragene Stammkapital muss von den Gesellschaftern an die Gesellschaft geleistet werden. Es besteht daher eine Innenhaftung für nicht vollständig geleistete Einlagen. Dies betrifft nicht nur die offensichtlichen Fälle von bei Gründung zulässigerweise nur teilweise geleisteten Bareinlagen (Mindesteinlage: 12.500 Euro bei einem eingetragenen Stammkapital von 25.000 Euro). Auch unterbewertete Sacheinlagen lösen eine Differenzhaftung aus. Wichtig: Die Haftung für die Einlageleistung trifft nicht nur denjenigen Gesellschafter, der die auf seine Geschäftsanteile entfallende Einlage nicht geleistet hat – sämtliche Gesellschafter müssen für die Einlageleistung ihrer Mitgesellschafter einstehen, soweit sie von diesen nicht zu erlangen sind. Erwerber von Geschäftsanteilen sollten sich daher unbedingt Zusicherungen in Bezug auf die Leistung sämtlicher Einlagen geben lassen.

5) Kapitalerhaltung

Das Gebot zur Erhaltung des Stammkapitals in § 30 GmbH wird als Kernstück des GmbH-Rechts beschrieben. Bei dem Stammkapital handelt es sich um den im Interesse des Rechtsverkehrs geschützten Kapitalstock der Gesellschaft. Während dieser zwar durch betriebliche Ausgaben „verwirtschaftet“ werden darf, ist die Auszahlung an die Gesellschafter nicht zulässig. Dieses Kapital soll der Gesellschaft also zumindest ein Mal für Zwecke des Unternehmens zur Verfügung gestanden haben.

Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden.

- § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG

Wann jedoch verstößt eine Kapitalentnahme gegen das Kapitalerhaltungsgebot?

Immer dann, wenn durch die Auszahlung eine Unterbilanz hervorgerufen oder vertieft wird. Eine Unterbilanz liegt vor, wenn das zur Deckung der im Handelsregister eingetragenen Stammkapitalziffer erforderliche Aktivvermögen bei der Gesellschaft nicht mehr vorhanden ist. Dies ist grundsätzlich anhand der Bilanzierungsvorschriften des HGB zu ermitteln. In Zweifelsfällen empfiehlt sich daher die Dokumentation der bilanziellen Situation der Gesellschaft im Auszahlungszeitpunkt, indem die letzte Jahresbilanz auf den Auszahlungszeitpunkt unter Ansatz der Buchwerte fortgeschrieben wird. Vorsicht: Die Haftung ist nicht auf die Höhe des Stammkapitals beschränkt. Ist die Gesellschaft also etwa bereits überschuldet (= das Aktivvermögen ist vollständig von den Verbindlichkeiten aufgezehrt) und vertieft eine verbotene Auszahlung diese Überschuldung, haften die Gesellschafter auch für die Rückzahlung dieses Betrages.

Zu beachten ist ferner, dass nicht nur offene Ausschüttungen dem Kapitalerhaltungsgebot unterfallen. Auch verdeckte Auszahlungen, insbesondere die Zahlung nicht verkehrsüblicher Vergütungen oder sonstiger Gegenleistungen für Drittgeschäfte der Gesellschafter mit der GmbH (z.B. Beraterverträge, Kaufverträge, Mietverträge), können gegen das Kapitalerhaltungsgebot verstoßen. Rechtsfolge ist stets eine Innenhaftung nach § 31 Abs. 1 GmbH.

Ähnlich wie bei der Kapitalaufbringung, haften auch hier im Grundsatz sämtliche Gesellschafter für die Erstattung der unzulässigerweise erfolgten Auszahlung.

6) Existenzvernichtender Eingriff (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung)

Die Existenzvernichtungshaftung kommt in Betracht, wenn ein oder mehrere Gesellschafter der Gesellschaft vorsätzlich Vermögen für betriebsfremde Zwecke entziehen, das zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist und hierdurch die Insolvenz der Gesellschaft hervorgerufen oder vertieft wird. Es geht hierbei also nicht um unternehmerische Fehlentscheidungen, sondern um eine „Selbstbedienung“ der Gesellschafter, die hierbei die Existenzvernichtung der GmbH in Kauf nehmen. Erfasst sind nicht nur Kapitalentnahmen, sondern auch mittelbare Vermögensschädigungen wie etwa die Entziehung von Geschäftschancen und externen Ressourcen der GmbH. Die Existenzvernichtungshaftung flankiert die Kapitalerhaltungsvorschriften und eröffnet für Fälle besonders schwerwiegenden missbräuchlichen Verhaltens eine weitergehende Haftung. In der bisherigen Rechtsprechung fand dieser Haftungstatbestand insbesondere in Konzernsachverhalten Anwendung. Die Rechtsfolge ist eine Innenhaftung der Gesellschafter.

7) Bestellung eines ungeeigneten Geschäftsführers

Das GmbH-Gesetz regelt in § 6 Abs. 5 eine Innenhaftung der Gesellschafter, die die Geschäftsführung vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person überlassen, die dieses Amt nicht ausüben darf. Die Gründe für eine Amtsunfähigkeit sind in § 6 Abs. 2 S. 2 GmbHG geregelt und umfassen im Wesentlichen Vorstrafen aus dem Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Die Haftung besteht in einer Schadensersatzpflicht für sämtliche Schäden, die der amtsunfähige Geschäftsführer durch Verstoß gegen Geschäftsführerpflichten verursacht.

8) Verstoß gegen Wettbewerbsverbot

Jeder Gesellschafter, der aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann (insbesondere also Mehrheitsgesellschafter), unterliegt einem Wettbewerbsverbot im Bereich des Unternehmensgegenstands der Gesellschaft. Dies gilt also auch, wenn in der Satzung kein Wettbewerbsverbot geregelt ist. Verstößt der Gesellschafter gegen dieses Wettbewerbsverbot, ist er der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet. In schwerwiegenden Fällen kann ein solcher Verstoß auch einen Ausschlussgrund für den Gesellschafter darstellen. Entspricht dieses Wettbewerbsverbot nicht den Wünschen der Gesellschafter, sollte eine entsprechende Befreiung in der Satzung geregelt werden (wichtig: eine nachträgliche Befreiung vom Wettbewerbsverbot kann ungünstige Steuerfolgen haben, weshalb bereits in der Gründungssatzung über das Wettbewerbsverbot entschieden werden sollte).

9) Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz

Die Benachteiligung von Darlehensrückzahlungsansprüchen der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft wird üblicherweise nicht als Ausnahme vom Grundsatz der Haftungsbeschränkung gesehen. Wegen der hohen praktischen Relevanz und der vergleichbaren Wirkung, soll diese Fallgruppe hier dennoch nicht unerwähnt bleiben:

Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 der Insolvenzordnung sind Gesellschafterdarlehen im Rahmen der Insolvenz letztrangig, also erst nach sämtlichen Gesellschaftsgläubigern, zu bedienen (Ausnahmen existieren für geschäftsführende Gesellschafter mit geringer Beteiligung (< 10%) und für Sanierungsdarlehen). Faktisch wird der Gesellschafter daher in der Regel mit seinem Darlehen ausfallen. Jegliche Tilgungsleistungen, die im Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags erfolgt sind, können vom Insolvenzverwalter angefochten und zurückgefordert werden.

Dieser Umstand kann insbesondere zu Überraschungen führen, wenn eine Gesellschaft verkauft wird und der Verkäufer sich in diesem Zusammenhang die ausstehenden Gesellschafterdarlehen zurückzahlen lässt – tritt die Gesellschaft unter dem neuen Inhaber binnen der Jahresfrist in Insolvenz, kann der Verkäufer noch immer von der Rückzahlungspflicht betroffen sein (hier sollte also eine alternative Gestaltung gewählt werden).

10) Haftung als faktischer Geschäftsführer

Einen passenden Übergang zum nächsten Abschnitt bildet die Figur des faktischen Geschäftsführers. Dies ist eine Person (in der Regel ein Gesellschafter), die zwar nicht als Geschäftsführer bestellt ist, jedoch in so erheblichem Maße die Geschäftsführungsmaßnahmen beeinflusst bzw. selbst übernimmt, dass die tatsächlichen Geschäftsführer in ihrer Organstellung verdrängt werden. Nach (umstrittener) Auffassung des Bundesgerichtshofs, soll es für die Annahme der faktischen Geschäftsführung stets auch erforderlich sein, dass der faktische Geschäftsführer nach außen wie ein Geschäftsführer in Erscheinung tritt. Die bloße (selbst engmaschige) Steuerung der Geschäftsführung durch Weisungen der Gesellschafterversammlung, begründet hingegen keine faktische Geschäftsführung der Gesellschafter. Ein faktischer Geschäftsführer haftet nach den gleichen Grundsätzen wie ein „echter“ Geschäftsführer.

Haftung der Geschäftsführer

Während der Verlust des Haftungsschutzes der Gesellschafter auf relativ klar umgrenzte Fallgruppen beschränkt ist, bewegen sich die Geschäftsführer aufgrund des umfangreichen Geflechts von Sorgfalts- und Verhaltenspflichten häufig in haftungsrechtlichen Grauzonen. Das Pflichtenprogramm ist gesetzlich umfassend ausgestaltet, da die Geschäftsführer als Treuhänder über fremde Vermögensinteressen – denjenigen der Gesellschaft sowie mittelbar der Gesellschafter – verfügen. Zudem besteht die Sorge, dass die Verfügungsmacht über eine „haftungsbeschränkte“ Vermögensmasse zu Missbrauch oder Leichtfertigkeit im Rechtsverkehr verleitet. Nachfolgend werden die wichtigsten Haftungstatbestände erläutert.

1) Pflicht zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung

Die Pflicht zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung lässt sich beschreiben als die Pflicht des Geschäftsführers, im Rahmen der Gesetze, der Satzung (Unternehmensgegenstand!), der für die Geschäftsführung verbindlichen Beschlüsse anderer Gesellschaftsorgane (in der Regel Gesellschafterversammlung oder Beirat) und unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen die Gesellschaft zu fördern, d. h. ihre Vorteile zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden.

Die allgemeine Geschäftsführungspflicht lässt sich mit anderen Worten untergliedern in die Pflicht zur sorgfältigen Unternehmensleitung, zur Gewährleistung rechtmäßigen Verhaltens der Gesellschaft (Legalitätsprinzip) und zur Umsetzung der Entscheidungen der Gesellschafter.

Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

- § 43 Abs. 2 GmbHG

Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.

- § 93 Abs. 1 S. 2 AktG

Am wenigsten greifbar ist von diesen Pflichten meist das Gebot der sorgfältigen Unternehmensleitung. Dieses lässt sich wie folgt weiter präzisieren:

Eine sorgfältige Unternehmensleitung setzt voraus, dass die Geschäftsführung selbst die notwendigen unternehmerischen Entscheidungen trifft und dabei den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand nicht überschreitet oder (dauerhaft) unterschreitet. Für nachgeordnete Mitarbeiter muss die Geschäftsführung geeignete Vorgaben zur Erreichung der Unternehmensziele machen. Bei einer Veränderung der äußeren Umstände muss die Geschäftsführung reagieren und geeignete Anpassungen der Unternehmensziele definieren und ggf. den Gesellschaftern zur Entscheidung vorlegen. Die Geschäftsführung muss Organisationsstrukturen entwickeln, um das Unternehmen und dessen Mitarbeiter angemessen zu kontrollieren. Ferner ist sie zur Aufstellung einer Planung verpflichtet: Zumindest jährlich ist ein Budget zu erstellen, das im Regelfall aus den Teilen Umsatz- und Ergebnisplanung, Finanz-, Liquiditäts- und Investitionsplanung sowie Produktions- und Kostenplanung besteht. Dies ist Teil der allgemeinen Pflicht, die Finanzierung der Gesellschaft zu sichern und Risiken zu managen.

Die allgemeine Geschäftsführungspflicht kann durch den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers weiter konkretisiert und ergänzt werden.

Zur Veranschaulichung hier einige Beispiele für eine Verletzung der allgemeinen Geschäftsführungspflicht:

  • Abschluss eines Geschäfts zu nicht kostendeckenden Preisen
  • Verzicht auf realisierbare Forderung
  • Verjährenlassen von Forderungen
  • Bedienung einer nicht fälligen Forderung trotz knapper Mittel
  • Auszahlung überhöhter Vergütung
  • Inanspruchnahme von Krediten, die die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft übersteigen oder nur bei optimalem Geschäftsverlauf rückzahlbar sind
  • Unterlassen von geeignetem Controlling, um rechtzeitig auf Liquiditätsengpässe reagieren zu können
  • Tatenloses Zulassen von Entnahmen durch Gesellschafter ohne legitimierenden Gesellschafterbeschluss

Geht eine Maßnahme der Unternehmensleitung auf eine Weisung der Gesellschafterversammlung zurück, sind die Geschäftsführer grundsätzlich von der Haftung befreit. Die Geschäftsführer müssen der Gesellschafterversammlung allerdings die entscheidungserheblichen Informationen mitteilen sowie auf etwaige Bedenken hinweisen. Wichtig: Weisungen müssen auf ordnungsgemäß gefassten Beschlüssen der Gesellschafterversammlung beruhen. Direkte Weisungen des Mehrheitsgesellschafters sind unwirksam! Wichtig Nr. 2: Die haftungsbefreiende Wirkung von Weisungen gilt für allgemeine Maßnahmen der Unternehmensleitung, nicht jedoch für den Bereich unentziehbarer Verantwortlichkeiten der Geschäftsführung (Kapitalerhaltung, ordnungsgemäße Buchführung, Aufstellung des Jahresabschlusses, Stellung des Insolvenzantrags, Einhaltung der Gesetze, etc. – siehe im Weiteren unten).

Als weitere Inspiration für eine ordentliche Unternehmensleitung mag der Deutsche Corporate Governance Codex dienen, der sich zwar in erster Linie an börsennotierte Aktiengesellschaften richtet, jedoch auch für andere Gesellschaften sinnvolle Leitlinien bereithält.

Business Judgement Rule – „hinterher ist man immer schlauer“:

Der einleitend zitierte § 93 AktG enthält eine bedeutende Einschränkung der Haftung für unternehmerische Entscheidungen der Geschäftsführer. Obwohl diese Norm dem Wortlaut nach für Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften gilt, wird sie auf GmbH-Geschäftsführer entsprechend angewendet. Nach dieser Regelung haben die Geschäftsführer die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises, wenn sich eine unternehmerische Entscheidung als falsch herausstellt und einen Schaden bei der Gesellschaft verursacht.

Die Geschäftsführung muss hierzu darlegen und beweisen können, dass sie die Entscheidung durch angemessene Informationsbeschaffung, in gutem Glauben und frei von Interessenskonflikten vorbereitet und getroffen hat. Hierzu gehört auch die Ermittlung und Abwägung von Handlungsalternativen. Ferner sind die Geschäftsführer verpflichtet, geeigneten fachlichen Rat einzuholen (genau, zum Beispiel von einem Rechtsanwalt). Gelingt der Geschäftsführung dieser Nachweis, ist eine Pflichtverletzung widerlegt. Die Business Judgement Rule gewährt somit ein „Recht auf Fehleinschätzung“ – es soll nicht im Nachhinein ein Gericht dazu berufen sein, das Ergebnis einer unternehmerischen Risikoabwägung als richtig oder falsch zu beurteilen.

Bei risikoträchtigen Entscheidungen sollte seitens der Geschäftsführung stets auf eine gründliche Dokumentation der Entscheidungsfindung und auf die Aufbewahrung dieser Dokumentation bis zum Ablauf der Verjährungsfristen (meist fünf Jahre) geachtet werden.

2) Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung

Wie bereits oben zur Gesellschafterhaftung ausgeführt, muss das satzungsmäßige Stammkapital an die Gesellschaft geleistet werden und darf in der Folge nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Die Geschäftsführung trifft eine umfassende eigene Verantwortung für die Einhaltung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften.

Im Rahmen der Gründung müssen die Geschäftsführer gegenüber dem Handelsregister eine strafbewehrte Versicherung über die Aufbringung der Einlagen zur freien Verfügung der Geschäftsführung abgeben. Dieselbe Pflicht besteht bei einer Kapitalerhöhung.

Soweit Einlagen der Gesellschafter noch nicht vollständig geleistet wurden, muss die Geschäftsführung diese in unverjährter Zeit von den Gesellschaftern einfordern. Sind ausstehende Einlagen wegen Verjährung des Einlageanspruchs (grundsätzlich nach zehn Jahren) nicht mehr zu erlangen, haften die Geschäftsführer persönlich.

Ein Geschäftsführer, der unzulässige Auszahlungen an Gesellschafter – also solche, die eine Unterbilanz (Nettoaktivvermögen minus Verbindlichkeiten < Gezeichnetes Kapital) hervorrufen oder vertiefen – vornimmt oder duldet, schuldet der Gesellschaft die Erstattung dieser Auszahlungen. Wichtig: Entsprechende Weisungen der Gesellschafterversammlung muss ein Geschäftsführer verweigern! Ist zweifelhaft, ob eine Auszahlung gegen Kapitalerhaltungsvorschriften verstoßen würde, ist die Geschäftsführung zur Aufstellung einer Zwischenbilanz verpflichtet (dies ist nicht zuletzt im eigenen Interesse der Geschäftsführer erforderlich, da diese andernfalls kaum werden nachweisen können, dass die Auszahlung rechtmäßig war).

Eine Kreditgewährung an Geschäftsführer, andere gesetzliche Vertreter, Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte aus dem Stammkapital der Gesellschaft ist nicht zulässig, selbst wenn sie zu marktüblichen Konditionen und bei angemessener Besicherung erfolgt (§ 43a GmbHG).

Auch der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft, ohne dass die Voraussetzungen des § 33 GmbHG vorliegen (verkürzt gesagt: die Gesellschaft darf nur eigene Geschäftsanteile erwerben, auf welche die Einlage vollständig erbracht ist und für die die Gegenleistung aus freiem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann), stellt einen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungspflicht dar und begründet eine Ersatzpflicht der Geschäftsführer. Der Erwerb eigener Anteile sollte daher in der Regel von der Erstellung einer aktuellen Bilanz begleitet werden.

3) (Überwachungs-)Pflichten bei mehrköpfiger Geschäftsführung

Bei mehreren Geschäftsführern obliegt die Geschäftsführung grundsätzlich allen Geschäftsführern gemeinsam. Es sind also sämtliche Geschäftsführer gleichermaßen für das Wohl der Gesellschaft verantwortlich. Durch eine ordnungsgemäß festgelegte Ressortverteilung (in der Regel durch die Verabschiedung einer schriftlichen Geschäftsordnung), kann jedoch die Verantwortlichkeit in gewissem Maße unter den Geschäftsführungsmitgliedern aufgeteilt werden. Die Ressortverteilung führt dazu, dass die Geschäftsführungspflicht in den fremden Ressorts auf eine Überwachungspflicht reduziert wird. Auch außerhalb des eigenen Ressorts hat also jeder Geschäftsführer die Pflicht zur laufenden Überwachung der Ressorts seiner Mitgeschäftsführer. Eine Verletzung dieser Überwachungspflicht löst die Mithaftung aus. Die Mitglieder einer Mehrköpfigen Geschäftsführung sind darüber hinaus zur Kooperation untereinander verpflichtet.

4) Haftung bei Unternehmenskrise und Insolvenz

Deutet sich eine finanzielle Krise des Unternehmens an, finden einige bedeutende Verschärfungen des Pflichtenprogramms der Geschäftsführer statt. Zunächst ist jegliche Ressortzuständigkeit für finanzielle Fragen suspendiert, so dass nicht mehr nur der kaufmännische Geschäftsführer (CFO) für die engmaschige Kontrolle der Finanzlage zu sorgen hat. Die Geschäftsführer müssen fortlaufend den Liquiditäts- und Vermögensstatus und die Fortführungsprognose der Gesellschaft bestimmen um festzustellen, ob die Gesellschaft insolvenzreif ist und somit die Pflicht zur Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung besteht.

Gegenüber Geschäftspartnern müssen die Geschäftsführer auf die Krisensituation hinweisen, wenn die Durchführbarkeit des jeweiligen Vertrags aufgrund der Krise zweifelhaft erscheint. Ist die Gesellschaft bereits insolvenzreif, dürfte in den allermeisten Fällen von einer zweifelhaften Durchführbarkeit auszugehen sein (das Vorspiegeln von Zahlungsfähigkeit kann zudem Betrug sein).

Ist das Vermögen so weit aufgezehrt, dass die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verloren ist, muss zwingend eine Gesellschafterversammlung einberufen werden, die hierüber informiert wird und in der über geeignete Maßnahmen entschieden werden kann. Das Unterlassen der Einberufung ist eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann (§ 84 GmbHG)! Die Geschäftsführer sollten bereits frühzeitig einen Sanierungsplan erarbeiten, über den spätestens bei der vorgenannten Gesellschafterversammlung entschieden werden kann.

Die Geschäftsführer haften für Zahlungen an Gesellschafter, die die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeiführen. Vorsicht: Dies kann auch Zahlungen deutlich vor dem konkreten Eintritt der Krise betreffen! Es werden alle Zahlungen erfasst, die nach normalem Verlauf der Dinge, also ohne Hinzutreten nicht vorhersehbarer Ereignisse, zur Zahlungsunfähigkeit führen werden. Vor einer Auszahlung sollte daher grundsätzlich eine Solvenzprognose vorgenommen werden, die das laufende und das nächste Geschäftsjahr umfasst.

Die Geschäftsführer haften ferner für jegliche Zahlungen (also auch an Nicht-Gesellschafter), die nach Eintritt der Insolvenzreife erfolgen. Ausnahmen vom Zahlungsverbot bestehen nur in einem sehr engen Rahmen für Zahlungen, die für einen konkreten Sanierungsplan zwingend erforderlich sind (ggf. Miete, Strom,…) oder die aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Pflichtenkollision erfolgen dürfen (insbesondere Abführung von Lohn- und Umsatzsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen).

Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden.

Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind.

Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar.

- § 64 S. 1-3 GmbHG

Mit Eintritt der Insolvenzreife besteht zudem auch die Pflicht der Geschäftsführer, unverzüglich (spätestens aber innerhalb von drei Wochen, wenn in dieser Zeit Erfolg versprechende Sanierungsbemühungen unternommen werden) den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen – andernfalls droht die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung sowie die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern.

Wann also ist ein Unternehmen insolvenzreif, so dass das Zahlungsverbot und die Insolvenzantragspflicht eingreift?

Kurz gesagt: Wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Für die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ist eine Liquiditätsbilanz aufzustellen, aus der die innerhalb der nächsten drei Wochen fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten den in diesem Zeitrahmen liquidierbaren Mitteln gegenüber zu stellen ist.
Überschuldung liegt vor, wenn das Gesellschaftsvermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und eine Fortführung des Unternehmens nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Die Geschäftsführer haben daher sowohl eine Überschuldungsbilanz (unter Zugrundelegung von Liquidationswerten) als auch eine Fortführungsprognose zu erstellen, um den Insolvenzgrund der Überschuldung zu prüfen. Eine bilanzielle Überschuldung führt nicht zur Insolvenzantragspflicht, wenn ein Fortführungswille der Gesellschaftsorgane besteht und im Rahmen eines Ertrags- und Finanzplans ermittelt werden kann, dass die Gesellschaft mittelfristig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit über ausreichende Liquidität verfügen wird, um seine im jeweiligen Zeitabschnitt fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen (=positive Fortführungsprognose). Der dabei ins Auge zu fassende Zeitrahmen sollte das laufende sowie das folgende Geschäftsjahr umfassen.

5) Treuepflicht: Wettbewerbsverbot, Geschäftschancenbindung und Verschwiegenheitspflicht

Die Geschäftsführer unterliegen selbst ohne konkrete Regelung im Anstellungsvertrag oder in der Satzung einem Wettbewerbsverbot im Geschäftszweig der Gesellschaft. Das bedeutet zum einen, dass sie kein Unternehmen konkurrierender Art betreiben oder leiten, keinen beherrschenden Einfluss auf ein Konkurrenzunternehmen ausüben und auch keine einzelnen Geschäfte in diesem Geschäftszweig tätigen dürfen. Ferner muss ein Geschäftsführer sämtliche sich bietende Geschäftschancen (selbst, wenn er von diesen privat erfährt), für die Gesellschaft nutzen, sofern sie in den Geschäftskreis der Gesellschaft fallen.
Wenig überraschend unterliegen die Geschäftsführer einer umfassenden Verschwiegenheitspflicht, soweit ein objektives Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft besteht. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ist gemäß § 85 GmbHG mit Strafe bedroht. Die Verschwiegenheitspflicht besteht fort, auch wenn das Geschäftsführeramt endet. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Verschwiegenheitspflicht bei der Anbahnung eines Unternehmensverkaufs oder einer Finanzierungsbeteiligung: Die Preisgabe von geheimhaltungsbedürftigen Informationen im Rahmen einer Due Diligence ist regelmäßig nur bei Vorliegen eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses (keine bloße Mehrheitsentscheidung!) zulässig.

6) Inanspruchnahme besonderen Vertrauens gegenüber Vertragspartnern

Wenn ein Geschäftsführer im Rahmen einer Vertragsanbahnung zum Ausdruck bringt, er stehe in besonderem Maße persönlich für das Geschäft ein, kann dies zu einer unmittelbaren Außenhaftung des Geschäftsführers führen. Erforderlich ist allerdings die Inanspruchnahme außergewöhnlichen Vertrauens, das über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgeht und fast den Charakter einer persönlichen Garantie hat. Dies kann beispielsweise auch dadurch geschehen, dass der Geschäftsführer erklärt, er könne seinen Einfluss auf die Gesellschafter dahingehend ausüben, dass diese der Gesellschaft im Zweifel weitere Liquidität zur Durchführung des Vertrages bereitstellen werden. Geschäftsführer sollten sich bei Vertragsverhandlungen also mit all zu überschwänglichen Bekräftigungen eher zurückhalten.

7) Fehlender oder falscher Rechtsformzusatz

Wird der Rechtsformzusatz der Firma („GmbH“ bzw. „UG (haftungsbeschränkt)“) im geschäftlichen Verkehr weggelassen, entsteht der Eindruck, man habe es mit einem Rechtsträger zu tun, bei dem mindestens eine natürliche Person unbeschränkt haftet. Setzt ein Geschäftsführer einen solchen falschen Rechtsschein, so haftet er gegenüber Dritten persönlich, die auf diesen Rechtsschein vertraut haben. Dies gilt entsprechend, wenn der Geschäftsführer einer UG anstelle des gehörigen Rechtsformzusatzes mit „GmbH“ zeichnet. Grundsätzlich gilt: Im Rechtsverkehr ist die Gesellschaft exakt so zu bezeichnen, wie sie im Handelsregister eingetragen ist!

8) Rechtsverletzung durch unterlassene Organisation und Überwachung – „Compliance“

Führt die Verletzung der allgemeinen Organisations- und Überwachungspflichten zu Schäden an Rechtsgütern Dritter, können Geschäftsführer von einer direkten Außenhaftung betroffen sein. Trägt ein Geschäftsführer beispielsweise organisatorisch nicht dafür Sorge, dass durch „seine“ GmbH keine Patente oder sonstige Schutzrechte aus dem Bereich des geistigen Eigentums Dritter verletzt werden, kann er den geschädigten Rechtsinhabern persönlich haftbar sein. Auch die Verletzung von Wettbewerbsvorschriften durch die Gesellschaft wurde in gerichtlichen Entscheidungen bereits als persönlicher Haftungsgrund für die Geschäftsführer angesehen. Während in der Rechtsprechung zu diesem Bereich noch Vieles im Fluss ist, sollten Geschäftsführer doch als grundsätzliche Erkenntnis mitnehmen, dass das allgemeine Legalitätsprinzip (also die Pflicht der Geschäftsführer, für ein gesetzeskonformes Verhalten der Gesellschaft zu sorgen) nicht nur eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft darstellt, sondern im Zweifel auch unmittelbar zugunsten Dritter wirkt.

Ein mit entsprechenden Kontrollen ausgestattetes Compliance-Management ist die geeignete Vorsorge gegen diese Haftungsrisiken. Das Ordnungswidrigkeitengesetz regelt die Pflicht zur Compliance-Organisation ausdrücklich.

Ob ein umfangreich ausgearbeitetes Compliance-System zu etablieren ist, hängt maßgeblich von der Größe und Risikostruktur des Unternehmens ab. Als geeignete und je nach den Umständen erforderliche Maßnahmen sind im Allgemeinen anerkannt:

  • sachgerechte Aufgabenverteilung
  • angemessene Instruktion und Einweisung
  • Einrichtung eines Systems überraschender Stichproben
  • Untersuchung möglicher Verstöße
  • Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Verstöße
  • dem Einzelfall gerecht werdende Ahndung von Verstößen
  • Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel
  • fortlaufende Prüfung und Anpassung der Maßnahmen an die tatsächlichen Gegebenheiten

Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.

Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehören auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen.

- § 130 Abs. 1 OWiG

9) Haftung für Steuern der GmbH

Die Geschäftsführer sind für die ordnungsgemäße Führung der Bücher, die Abgabe der Steuererklärung sowie für die Einbehaltung und die Abführung der Steuern verantwortlich. Hierzu gehört auch die Pflicht zur Vorsorge gegen die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hinsichtlich später fällig werdender Steuern. Führt eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung dieser Pflichten zu einer Steuerverkürzung bzw. ungerechtfertigten Steuererstattung, so sind die Geschäftsführer dem Fiskus unmittelbar persönlich haftbar.

Die Finanzgerichte akzeptieren bei einer mehrköpfigen Geschäftsführung grundsätzlich eine Ressortverteilung, nach der einer der Geschäftsführer für die Steuerfragen primär verantwortlich ist. Die Ressortverteilung muss allerdings rechtzeitig und schriftlich festgelegt worden sein. Zeichnet sich eine Krise der Gesellschaft ab, gilt dasselbe wie für den gesamten Bereich der Finanzen: Die Ressortverteilung ist suspendiert und alle Geschäftsführer haben gleichermaßen für die Einhaltung der Pflichten zu sorgen.

10) Haftung für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge

Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitnehmer stellt unter den Voraussetzungen des § 266a Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB eine Straftat der Geschäftsführer dar. Die Strafbarkeit setzt einen zumindest bedingten Vorsatz voraus. Hierfür genügt es, wenn der Geschäftsführer die für möglich erachtete Vorenthaltung der Beiträge billigt und es unterlässt, auf die Erfüllung der Ansprüche hinzuwirken. Haftungsrechtlich hat er in diesem Fall der Einzugsstelle die vorenthaltenen Beiträge selbst zu ersetzen (zusätzlich zu den strafrechtlichen Konsequenzen).

Eine besonders strenge Haftung besteht hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile. Diese sind zur Vermeidung der Haftung im Falle einer Unternehmenskrise vorrangig vor den sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erfüllen und zwar auch dann, wenn wegen bestehender Insolvenzreife bereits das allgemeine Zahlungsverbot nach § 64 GmbHG (siehe hierzu oben) herrscht. In diesem Fall sollte die Geschäftsführung darauf achten, bei den Überweisungen an die Einzugsstelle eine Tilgungsbestimmung vorzunehmen, nach der sich die Zahlungen ausschließlich auf die Arbeitnehmeranteile bezieht (z.B. im Verwendungszweck der Überweisung). Andernfalls werden die Zahlungen je hälftig für die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile verbucht, so dass immer noch die verschärfte Haftung für die Hälfte der Arbeitnehmeranteile in Betracht käme. Können die Sozialversicherungsabgaben mangels Liquidität faktisch nicht abgeführt werden, müssen die Geschäftsführer – zur möglichen Vermeidung der strafrechtlichen Verurteilung – der Einzugsstelle spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beträge mitteilen und darlegen, warum die fristgemäße Zahlung trotz ernsthaften Bemühens nicht möglich ist (siehe § 266a Abs. 6 StGB).

11) Haftung bei nicht aktualisierter Gesellschafterliste

Die Geschäftsführer sind grundsätzlich für die Pflege der beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste zuständig.

Wird ihnen eine Veränderung der für die Liste relevanten Daten mitgeteilt und nachgewiesen, haben sie eine neue Liste anzufertigen und zum Register einzureichen.

Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu Schadensersatzansprüchen sowohl der von der Änderung betroffenen Gesellschafter, als auch von Gesellschaftsgläubigern führen, soweit die falsche Liste für den Schaden kausal ist.

(1) Die Geschäftsführer haben unverzüglich nach Wirksamwerden jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen, […]. Die Änderung der Liste durch die Geschäftsführer erfolgt auf Mitteilung und Nachweis. […]

(3) Geschäftsführer, welche die ihnen nach Absatz 1 obliegende Pflicht verletzen, haften denjenigen, deren Beteiligung sich geändert hat, und den Gläubigern der Gesellschaft für den daraus entstandenen Schaden als Gesamtschuldner.

- § 40 Abs. 1 S. 1, S. 4, Abs. 3 GmbHG

In der Praxis ist allerdings für viele Fälle von Veränderungen im Gesellschafterbestand eine Alleinzuständigkeit des mitwirkenden Notars gegeben, so dass die Geschäftsführung dann keine neue Liste zu erstellen und einzureichen hat (insbesondere bei Geschäftsanteilsabtretungen und Kapitalmaßnahmen). In den Verantwortungsbereich der Geschäftsführer fallen allerdings: Namensänderungen sowie Wohnort- bzw. Sitzwechsel bei Gesellschaftern, Zusammenlegungen oder Teilungen von Geschäftsanteilen, Einziehung von Geschäftsanteilen, Anteilsübergänge kraft Erbfolge sowie Umwandlungsvorgänge auf Ebene der Gesellschafter.

12) Feststellung der wirtschaftlich Berechtigten und Transparenzregister

Häufig unbekannt ist die Pflicht der Geschäftsführer zur Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten der Gesellschaft und die Übermittlung der Angaben an das Transparenzregister. Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten ist in § 3 des Geldwäschegesetzes geregelt und bezeichnet in dem hier behandelten Kontext diejenige natürliche Person (also nicht eine juristische Person oder Gesellschaft), in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die Gesellschaft letztlich steht. Dies ist jede natürliche Person, die mehr als 25% der Kapital- oder Stimmrechte innehat oder kontrolliert (sei es auch über eine zwischenstehende Beteiligungsgesellschaft). Die Verletzung der Pflichten zur Einholung, Aufbewahrung, Aktualisierung und Meldung dieser Angaben stellt eine Ordnungswidrigkeit der Geschäftsführer dar, die mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden kann (siehe § 56 GwG).

Jeder wirtschaftlich Berechtigte ist seinerseits zur Mitwirkung bei der Erfüllung dieser Pflichten verpflichtet. Die Geschäftsführer sollten regelmäßig (z.B. einmal jährlich sowie anlassbezogen) bei sämtlichen Gesellschaftern nachfragen, ob sich Veränderungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Berechtigung an der Gesellschaft ergeben haben.

Eine bedeutende Ausnahme von der Meldepflicht zum Transparenzregister besteht, wenn sich die wirtschaftliche Berechtigung bereits aus öffentlichen Registern ergibt – für die GmbH ist dies insbesondere die beim Handelsregister einsehbare Gesellschafterliste. Nicht ersichtlich ist dort freilich, ob Treuhandverhältnisse oder Stimmbindungsvereinbarungen vorliegen. Auch, wenn es sich bei den GmbH-Gesellschaftern um ausländische Beteiligungsgesellschaften handelt, sind die tatsächlichen Kontrollverhältnisse in der Regel nicht ersichtlich. In derartigen Fällen hat die Geschäftsführung daher sorgfältig zu prüfen und nachzuhaken und die entsprechenden Meldungen zum Transparenzregister zu machen.

Wer als GmbH-Gesellschafter oder Geschäftsführer die hierin beschriebenen Klippen umschifft, ist auf einem guten Weg, seine Haftungsrisiken zu minimieren. Was allerdings auch klar geworden sein dürfte: Der Teufel steckt im Detail. Für die Unterstützung bei der Anwendung der dargestellten Grundsätze auf Ihre konkreten Herausforderungen, stehe ich Ihnen gerne als anwaltlicher Berater zur Seite. Schreiben Sie mir einfach eine Nachricht.

Unterstützung gesucht?

Featured

Relevante Beiträge

Watch & Connect

Über den Autor

Rechtsanwalt Philip Gafron

Philip ist Rechtsanwalt in Berlin. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Unternehmensrecht, insbesondere bei der Umsetzung von Firmentransaktionen und Beteiligungen. Er betreut seine Mandanten darüber hinaus laufend in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Ähnliche Beiträge

Startup Funding: Video-Kurs

Startup Funding: Video-Kurs

Ein Startup ist ein junges Unternehmen mit einem innovativen Geschäftsmodell, das hohe Wachstumsraten verspricht. Bei der Investiton in Startups geht es darum, lange vor der Profitabilität des Unternehmens Geld zu investieren, um...

Tool: Beteiligungsrechner für Startup-Investitionen

Tool: Beteiligungsrechner für Startup-Investitionen

Eine Frühphasen-Investition in ein Startup steht an. Für Summe X soll der Investor die Beteiligungsquote Y an der Startup-Gesellschaft erhalten. Was ist nun aber eine realistische Beteiligungsquote Y? Der hier zur Verfügung gestellte Rechner hilft dabei, sich einer...

Rechtsformwahl Teil 3: GmbH vs. Aktiengesellschaft

Rechtsformwahl Teil 3: GmbH vs. Aktiengesellschaft

In Teil 1 habe ich einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Rechtsformen gegeben und einen grundsätzlichen Entscheidungsweg für die Rechtsformwahl aufgezeigt. Teil 2 befasste sich sodann mit der Entscheidung zwischen Kapitalgesellschaft und...